Die Hafenstrae hatte etwas Mystisches

Publish date: 2024-10-20

Jörg Lipinski, in der zweiten Runde des DFB-Pokals 1992/93 schossen Sie ein ganz beson­deres Tor für Rot-Weiss Essen gegen Schalke 04. Welche Erin­ne­rungen haben Sie daran?

Jörg Lipinski: Es lief die 90. Minute, Spiel­stand 1:0 für uns.Mein Mit­spieler Thomas Ridder schlägt den Ball hinten raus und ich sehe den hohen Ball, den Jens Leh­mann annehmen will. Den Rest der Situa­tion habe ich kaum wahr­ge­nommen. Da ich momentan als Bezirks­li­ga­trainer in Essen tätig bin, werde ich auf vielen Plätzen von den Zuschauern auf das Tor ange­spro­chen. Gerade bei den Älteren ist das Tor heute noch in aller Munde (Video).

Sie liefen allein auf das leere Tor zu, stoppten den Ball vor der Tor­linie und war­teten vier Sekunden, bis Sie ihn über die Linie schoben. Wollten Sie die Schalker demü­tigen?

Jörg Lipinski: Alle, mit denen ich über das Tor spreche, fragen mich, was ich mir dabei gedacht habe. Aber in so einem Moment denkt man nicht. Das war eine Spon­tan­hand­lung, die bis heute nicht zu erklären ist.

Aber Sie haben die Situa­tion genossen?

Jörg Lipinski: Selbst­ver­ständ­lich habe ich den Moment auf der Tor­linie genossen. Ich habe mich umge­dreht, sah meine Jungs jubeln, die Zuschauer, alles. Bei­nahe hätte ich ver­gessen den Ball rein­zu­schieben, ich wollte schon alle umarmen und damit signa­li­sieren: Jetzt haben wir sie am Boden!“ 

In der darauf fol­genden Saison gelang Rot-Weiss Essen der Einzug ins Pokal­fi­nale.

Jörg Lipinski: Für uns als Mann­schaft war es damals eine schwie­rige Zeit, wir standen in der Tabelle der 2. Bun­des­liga weit unten und mussten schließ­lich sogar zwangs­ab­steigen. Die Pokal­spiele waren in der Phase eine beson­dere Moti­va­tion für uns. Da haben wir alles aus uns raus­ge­holt. Dazu kam das Glück in der Aus­lo­sung, wir hatten Heim­spiele. Die Euphorie des Publi­kums hat sich auf uns über­tragen. Dieses Gefühl bleibt allen Spie­lern, die diese Pokal­spiele mit­ge­macht haben, ein für alle Mal erhalten.

Rot-Weiss Essen bekam damals den Ruf des Pokal­schrecks?

Jörg Lipinski: Diesen Titel haben wir uns damals erar­beitet. Alle anderen Mann­schaften waren gewarnt, wenn sie im Pokal zu uns mussten. 

Was machte diesen beson­deren Essener Pokal­geist aus?

Jörg Lipinski: Es ist das Publikum an der Hafen­straße. Wenn ich mit meinen anderen Ver­einen, Rot-Weiß Ober­hausen oder For­tuna Köln im Pokal gespielt habe, dann war das nicht dieses Pri­ckeln. Dieser Ort, die Hafen­straße hatte damals was Mys­ti­sches.

Spre­chen wir über die aktu­elle Runde. Nach dem Sieg gegen Union Berlin kommt nun Hertha BSC an die Hafen­straße. Kann Rot-Weiß Essen in diesem Spiel bestehen?

Jörg Lipinski: Um in einem Pokal­spiel gegen einen Gegner aus der ersten Bun­des­liga zu bestehen braucht es Lei­den­schaft. Es braucht die Bereit­schaft um jeden Zen­ti­meter, jeden Gras­halm zu fighten. Dann ist sicher­lich auch in diesem Spiel etwas drin. Die Ver­gan­gen­heit hat gezeigt, dass Bun­des­li­gisten immer wieder strau­cheln. Da kann der Trainer noch so viel warnen.

Sie klingen opti­mis­tisch.

Jörg Lipinski: Ich bin wirk­lich positiv gestimmt, dass für Rot-Weiss etwas mög­lich ist. Wenn man zunächst hinten sicher steht lange das 0:0 hält, kann man im Ver­lauf der zweiten Halb­zeit ein biss­chen mehr Risiko ein­gehen.

Essen hat die letzten vier Par­tien der Regio­nal­liga-West ver­loren. Ein Nach­teil?

Jörg Lipinski: Es wäre natür­lich hilf­reich gewesen, in der Liga ein biss­chen Selbst­ver­trauen zu tanken, keine Frage. Trotzdem wird es für diese Begeg­nung keine Rolle spielen. Es ist eine ganz andere Situa­tion als gegen die zweiten Mann­schaften von Lever­kusen oder Mainz zu spielen. Dieses Spiel wird einen ganz anderen Reiz haben.

Werden Sie sich das Spiel im Sta­dion anschauen?

Jörg Lipinski: Nein, ich bin unter­wegs. Ich betreibe Fuß­ball­schulen und muss trai­nieren. Ich kann es leider nur in der Zusam­men­fas­sung ver­folgen. Ich hoffe aber, dass die Jungs wei­ter­kommen und ich dann beim nächsten Heim­spiel dabei sein kann.

Wollen Sie noch einen Tipp abgeben?

Jörg Lipinski: 1:0 für Essen nach Ver­län­ge­rung.

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